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Kirche

Die Rats- und Marktkirche St. Johannis in Göttingen

Quelle: Selter
Im Stadtkern Göttingens hinter dem Alten Rathaus befindet sich die nach Johannes dem Täufer benannte St. Johanniskirche. Auf dem Platz, auf dem sich heute das gotische Sandsteingebäude befindet, existierte zunächst eine kleinere Vorgängerkirche, die im romanischen Stil im 12. Jahrhundert entstanden sein soll. Das Nordportal weist diesen Baustil noch nach. Der Baubeginn des Neubaus der Johanniskirche wird auf 1300 geschätzt. Das dreischiffige Langhaus wird auf 1320/30 datiert. Der gotische Bau ist 60 m lang und 19 m breit. Im Inneren der Kirche gehören zur alten Bausubstanz die Schlusssteine der Gewölbe, die mit Darstellungen Heiliger versehen sind. 

Die Gestaltung des Innenraumes ist das Ergebnis zahlreicher Renovierungen, die den jeweiligen Zeitgeist zum Ausdruck bringen. Wichtige Veränderungen sind 1896 (neugotische Gestaltung durch Conrad Wilhelm Haase) vorgenommen worden. In den 1960er Jahren wurden modernisierende, einer neuen Zweckmäßigkeit folgende Maßnahmen durchgeführt, die den Eindruck des Innenraumes lange prägten. Seit der umfangreichen Innenrenovierung mit Abschluss im Jahre 2021 zeigt sich die St. Johanniskirche wieder in ihrer schönsten Form. Historisch gewachsene Strukturen kommen wieder zu ihrem Recht und sind für den Betrachter deutlich wahrnehmbar. Modernste Veranstaltungstechnik wurde ästhetisch gewinnbringend integriert. Die Radleuchter der Firma Dinnebier sind nur ein Beispiel für eine gelungene Verbindung von Geschichte und Gegenwart.

An der Südwand des Altarraumes ist heute ein Altarbild mit der Kreuzigungsszene Jesu ausgestellt. Das Werk, das 1638 entstanden ist, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Gemalt von dem Mündener Maler Ludolph Büsing ist es als Altarbild konzipiert und war der Mittelteil eines Tryptichons, das 1638 in die Johanniskirche integriert worden ist. 

Eine reiche Sammlung ganzfigürlicher Darstellungen und Portraits ihrer teilweise langjährigen Prediger hat die Kirchengemeinde aufzuweisen, sie sind auf den Emporen zu sehen. 

Ebenfalls auf der Empore, im westlichen Mittelschiff, befindet sich die große Orgel. Sie wurde 1954 und 1960 (Rückpositiv) durch die Orgelbauwerkstatt Paul Ott erbaut. Sie umfasst nach einer Renovierung und Erweiterung durch Rudolf Janke im Jahr 2000 nun 61 Register auf vier Manualen und Pedal. 

Auf dem massigen Westwerk befindet sich zentral zwischen Nord- und Südturm der Raum der Glocken, hier ist auch die größte Glocke von Göttingen aus dem Jahre 1828 platziert. Die älteste Glocke stammt aus dem Jahr 1389, ist im Südturm aufgehängt und schlägt heute noch die Stunden.
Quelle: be
Die Entwicklung von der Romanik zur Gotik wird durch das Betrachten der Portale deutlich:
Das Nordportal ist der älteste Teil der Johanniskirche und zugleich das einzige in Göttingen äußerlich sichtbare romanische Detail. Es ist möglich, dass das Portal bereits in der Vorgängerkirche Verwendung gefunden hat.
Das Westportal war früher der Haupteingang der Kirche und ist mit gotischen Rundbögen ausgestattet, je auf beiden Seiten zwei Säulchen mit Blattkapitellen. Sie stammen ca. aus der Zeit 1250/60 und sind in das Portal integriert worden. 
Das Südportal ist stilistisch der Hochgotik zuzuordnen und kann auf die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert werden. Mit dem Abschluss der Innenrenovierungsarbeiten ist es zum Haupteingangstor geworden.
Somit ist in den Portalen der Johanniskirche der Epochenwandel von der Romanik zur Gotik vollständig nachzuvollziehen.

Die Türgriffe am Westportal sind als Fische gestaltet, ein christliches Symbol, das Bezug auf die Entstehung des Christentums nimmt, zugleich das Element Wasser verkörpert und damit eine Verbindung zum Namenspatron der Kirche herstellt und auf das Sakrament der Taufe hinweist (2006 von Franziska Schwarzbach, Berlin, entworfen und gestaltet). Der äußere Türgriff ist leider im Jahr 2016 gewaltsam entwendet worden, soll aber mittelfristig aus Spendenmitteln erneuert werden.
Quelle: be
Blick zum neuen Fenster über dem Nordportal von Günter Grohs